
Rohmilch – das unterschätzte Original
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Was ist Milch wirklich?
Milch ist eines der ältesten Grundnahrungsmittel des Menschen. Laut gesetzlicher Definition handelt es sich um das Sekret aus der Eutersekretion von Kühen, hygienisch gewonnen und für den menschlichen Verzehr bestimmt.
Doch biochemisch betrachtet ist Milch weit mehr. Sie ist ein hochkomplexes System aus Eiweissstrukturen, Enzymen, Immunfaktoren, Wachstumsstoffen und sogar Mikro-RNAs. Diese Bestandteile wirken direkt auf Immunsystem und Stoffwechsel. Besonders Rohmilch bewahrt diese Fülle an bioaktiven Komponenten in ihrer ursprünglichsten Form.
Was passiert bei der Verarbeitung von Milch?
Um Milch haltbar zu machen, wird sie erhitzt oder mechanisch behandelt. Jedes Verfahren verändert ihre innere Struktur:
- Pasteurisation (ca. 72 °C): Tötet Keime ab, zerstört aber auch empfindliche Enzyme und Immunfaktoren.
- UHT-Erhitzung (135–150 °C): Macht Milch nahezu steril – aber auch weitgehend „tot“, da viele bioaktive Strukturen verloren gehen.
- Homogenisierung: Zerkleinert Fetttröpfchen, verhindert das Aufrahmen, verändert aber die Struktur der Milchfette und ihre Verdaulichkeit.
Das Resultat: ein sicheres, aber biologisch ärmeres Produkt. Die Frage lautet: Soll Milch ein steriles Lebensmittel sein – oder ein lebendiges?
Rohmilch in der Forschung
Mehrere grosse europäische Studien haben untersucht, wie sich Rohmilchkonsum auf die Gesundheit auswirkt.
Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Kinder und junge Erwachsene, die regelmässig Rohmilch tranken, hatten ein stärkeres und ausgewogeneres Immunsystem als jene, die nur verarbeitete Milch konsumierten. Zudem war ihr Risiko für Asthma, Allergien und Infekte deutlich geringer.
👉 Wichtige Studien:
- PARSIFAL-Studie (2006): https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16611663/
- GABRIELA-Studie (2011): https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21727233/
- PASTURE-Studie (2015): https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25441645/
- Review (2023): https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39365274/
Diese Ergebnisse zeigen: Milch ist nicht gleich Milch – die Art der Verarbeitung entscheidet über ihren Wert für unsere Gesundheit.
Milch vs. Kolostrum
Oft werden Milch und Kolostrum in einem Atemzug genannt. Doch es handelt sich um zwei grundverschiedene Substanzen.
- Milch entsteht nach den ersten Tagen der Laktation. Sie dient vor allem der Ernährung – reich an Fetten, Proteinen, Laktose und Vitaminen.
- Kolostrum ist die allererste Milch nach der Geburt. Sie ist reich an Immunglobulinen, Wachstumsfaktoren, Enzymen und bioaktiven Peptiden. Ihre Hauptaufgabe ist nicht die Ernährung, sondern die Stärkung und Programmierung des Immunsystems des Neugeborenen.
Kurz gesagt: Milch nährt – Kolostrum schützt und stärkt.
Fazit
Rohmilch ist mehr als ein Nahrungsmittel – sie ist ein komplexes, lebendiges System mit einem einzigartigen Einfluss auf unser Immunsystem. Die moderne Verarbeitung macht Milch zwar haltbar, nimmt ihr aber viel von ihrer ursprünglichen Wirkung.
Kolostrum wiederum ist ein Sonderfall: Es unterscheidet sich deutlich von „normaler“ Milch und spielt eine zentrale Rolle beim Aufbau von Immunität.
👉 Wer Milch wirklich verstehen möchte, muss sie nicht nur als Getränk sehen – sondern als biologisches System, das weit über die klassische Definition hinausgeht.